500 Seemeilen im Kielwasser

Endlich ging’s Mittwochmorgen (11.07.) weiter Richtung Guernsey; wir geduscht, Karl auch sauber, der neue Baum strahlt in der Sonne. Zwar können wir bei Wind mit 2 Beaufort nur die ersten Stunden segeln, aber wir sind trotzdem glücklich. Schnell vorbei an der Wiederaufbereitungsanlage für abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken. Der Strom hilft und schiebt uns mit zusätzlichen 5(!) Knoten am Cap de la Hague vorwärts. Macht auf der Logge dann über 10 Knoten Speed Over Ground (SOG) im Gegensatz zur Geschwindigkeit durchs Wasser bei ca. 5 Knoten. Dabei entstehen ordentlich Strudel und Verwirbelungen im Wasser. Aber bei wenig Wind und Wind mit Strömung entstehen keine Wellen. Ansonsten kann es hier schnell ziemlich ungemütlich werden. Wir sind zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Die Zufahrt in die Victoria-Marina in St. Peter Port hat einen Süll, der bei unserer Ankunft wegen der geringen Wassertiefe darüber noch nicht überfahrbar ist. Die gut organisierten Hafenmeister im Schlauchboot befragen zunächst jedes ankommende Boot nach Länge und Tiefgang und weisen uns einen Platz am Warteponton zu. Während des Wartens füllen wir schon einmal die Zolldeklaration aus. Nach gut einer Stunde ist der Wasserstand über dem Süll hoch genug und jedem der wartenden Boote wird im Innenhafen ein Platz zugewiesen. Besser geht’s nicht. Päckchenliegen (Boot an Boot) ist in den Niederlanden üblich, in Frankreich und England nicht. Das beweist die englische Crew, die noch Landleinen legen will, nachdem sie mit ihrem Boot zu uns ins Päckchen gelegt wird. Nur zögerlich vertrauen sie auf das ausschließliche Festmachen an unserem Boot.
Die Zolldeklaration werfen wir in einen gelben Kasten und erinnern uns, dass die Geschäfte auf Guernsey bereits um 17.30 h schließen. Es ist 17.20 h und auch für uns wird heute keine Ausnahme gemacht. Also rein in den einzigen länger geöffneten Laden „Marks & Spencer“ und raus mit einem kuriosen Einkaufsergebnis. Egal… Vor dem Halbfinale England:Kroatien gibt’s Fish & Chips und dann Fußball in The Albion House Tavern bei einem pint of beer.

Wir kennen Guernsey von früheren Besuchen und so geht’s am nächsten Morgen weiter Richtung Roscoff. Da der Wind jetzt völlig eingeschlafen ist, müssen wir die gesamte Strecke (72 Seemeilen) motoren. Wir fahren durch spiegelglattes Wasser und bei Annäherung an die Küste genießen wir neben dem Sonnenuntergang vor allem die aus dem Wasser ragenden Felsen. In Roscoff herrscht reger Fährverkehr (nach Plymouth, Cork etc…). Tagsüber muß man sich daher unbedingt über Funk anmelden und die Erlaubnis zur Einfahrt in den Hafen erfragen. Wir kommen aber erst mit dem letzten Büchsenlicht um 23.00 h in Roscoff an. Um diese Uhrzeit fahren die Fähren nicht mehr und wir gleiten langsam in das Hafenbecken. Der Hafen ist sowohl nach Norden und Süden geöffnet, der Wasserstand hat zudem zwischen Ebbe und Flut einen Höhenunterschied von bis zu 9 m, weshalb immer eine (schwache bis stärkere) Strömung durch den Hafen zieht. Nach dem Anlegen
klingelt es nach der langen Motorfahrt weiter in den Ohren, besonders, da es im Hafen absolut still ist. Es geht kein Wind, das Wasser ist spiegelglatt…eine fast surreale Stimmung.
Am nächsten Tag nimmt uns Roscoff sofort gefangen. Die wunderschöne Altstadt, die bizarre Wasserlandschaft, die Freundlichkeit, als Zugabe schönstes Sommerwetter. Urlaub kann kaum besser sein. Der Stadtbus fährt jeden und jede kostenlos in einer Dauerschleife um und durch den Stadtkern, wo gibt`s denn sowas? Am alten Hafen ist Kirmes und abends Feuerwerk, wie immer und fast überall in Frankreich zum 14. Juli. Der 14. Juli ist Nationalfeiertag in Frankreich und erinnert an den Beginn der französischen Revolution 1789.
Abfrage und Empfang der Wetterdaten von Wetterwelt über das Satellitentelefon und Ansicht funktioniert; eine gute Voraussetzung für längere Fahrten, bei denen wir weder Internet- noch Wlan-Empfang haben.
Und obwohl wir heute (Samstag, 14.07.) eigentlich um 6.00 h weiter wollten, haben uns Nebel, wenig Schlaf und die schöne Umgebung davon abgehalten. Also genießen wir noch einen weiteren Tag Roscoff und seinen Charme.

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