Strand, surfen und Stierkampf

Am frühen Morgen (8.00 Uhr…es ist noch fast dunkel) geht es im dichten Nebel für uns und unsere neue Crew in Leixoes Richtung Figuera da Foz los.

60 Seemeilen, mit kurzer Segelunterbrechung, allerdings nur unter Motor und im Nebel. Kein Wind, keine Segel! Nicht nur das, es ist auch noch kalt. Was die Crew bestens unterhält, wenn man von gelegentlichen Anflügen der Seekrankheit absieht, ist die regelmäßige Begleitung durch Delfine. Sie sind immer wieder beeindruckend und uns wird nicht langweilig, sie hier in der freien Natur zu beobachten. Wie grausam, diese Tiere in Zoos einzusperren und ihrer Freiheit zu berauben. Im letzen Dämmerlicht legen wir in Figueira da Foz an. Dank Radar und AIS ist auch ein solcher Tag zu meistern. Gut, daß wir hier an unserer Ausrüstung nicht gespart haben.

Nach diesem Tag hat keiner mehr Lust, zu kochen und wir landen in einer brasilianischen Cantina, wo wir lecker und ausgiebig essen. Gleich neben uns am Steg liegt die SY Lupina. Pia und Köbi hatten uns bereits vor Wochen geschrieben, dass sie quasi in unserem Kielwasser fahren. Bis Figuera haben sie uns eingeholt…allerdings auch mit einer Hallberg Rassy 43.
Am nächsten Morgen scheint tatsächlich die Sonne; die Jugend strebt zum weitläufigen Strand. Uns ist das Wasser noch immer zu kalt und wir lassen uns durch die Altstadt treiben. Durch Zufall entdecken wir dabei die Stierkampfarena. Ja, hier gibt es ihn noch, wenn wohl auch relativ unblutig. Aber auch unblutig ist es in unseren Augen Tierquälerei und ein anachronistisches Spektakel. Die Arena wird gerade auf die Kämpfe am Samstag vorbereitet, so dass „alle Türen offen stehen“. Eine völlig andere Welt erwartet uns. Man meint gradezu, die Tiere schreien und die Menschen johlen zu hören. Unangenehmes Gänsehautgefühl. Die Zeit scheint in der Arena aus dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts stehen geblieben zu sein. Da ist die Arena, die Kapelle für den Torero, die Erste-Hilfe-Kammer, die Stallungen, alte Zeitungsauschnitte, Bilder und sogar Comics an den Wänden. Kaum zu glauben, dass wir uns hier nicht in einem Museum befinden!

Wieder sind wir am nächsten Morgen früh unterwegs, obwohl es diesmal nur 30 Meilen nach Nazaré geht. Surfer/innen wird dieser Name ein Begriff sein. Hier entstehen bei bestimmten Bedingungen mit die höchsten Wellen weltweit! Noch in diesem Frühjahr wurde die bisher höchste Welle gesurft: 30 Meter! Für uns unvorstellbar… Möglich ist dies durch den Nazaré Canon, der aus 4900 m Tiefe bis kurz vor den Ort mit nur 50 m Tiefe läuft. Hier ein Eindruck wie es „bei Welle“ dort aussieht…Unter Segel und bei ruhiger See passieren wir diese Stelle bei strahlendem Sonnenschein (immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort) und laufen bereits am Mittag im Hafen ein. Schon von Weitem winkt uns der nette Hafenmeister und lotst uns in den Jachtclub. In der Stadt ist richtig was los. Sowohl am Strand als auch im Ort tobt das Leben. Zwischen Beachfootball, Party und Caffes sitzen überwiegend alte Frauen in alten Trachten und zeigen den Besucher/innen, wie früher Fisch konserviert wurde. Ähnlich, wie der Bacalhau (getrockneter Kabeljau), der in Portugal auf jeder Speiskarte, in jedem Supermarkt und auf jedem Markt zu finden ist, wird der Fisch in der knallen Sonne getrocknet. Ein Projekt des kommunalen Trockenfischmuseums (Museu do Peixe Seco) in Zusammenarbeit mit Fischerfrauen, um den Tourismus in doppelter Hinsicht zu nutzen: Den Tourist/innen wird die lokale Kultur nahe gebracht, den Frauen (meist Witwen von Fischern) wird durch den Verkauf des getrockneten Fischs eine Einkommensquelle ermöglicht. Viele, meist ältere, Frauen sitzen mitten im Trubel und bieten Zimmer für Tourist/innen an.

Etwas ruhiger wird es, wenn man mit der Schrägseilbahn von „downtown to uptown“ (Zitat Hafenmeister) fährt. Ein wunderschöner Ort empfängt uns, ein toller Platz mit Wallfahrtskirche. Fast fühlen wir uns in einen Roman von Garbriel Garcia Marquez versetzt…wenn man sich die Touristenstände wegdenkt 😉 Alles befindet sich an der richtigen Stelle. Der Blick von oben auf die Stadt im Süden, auf den Surfspot im Westen und auf die Strände im Norden. Und trotz der noch immer vielen Menschen bleibt die Atmosphäre davon unberührt. Natürlich besuchen wir auch das Castello an der westlichen Spitze, wo, wenn die Wellen toben, die Kamaras und Zuschauer/innen stehen. Hier wird den Surfheld/innen in einem kleinen Museum geradezu gehuldigt. Am heutigen Tag ist dies kaum vorstellbar. Der Atlantik liegt ruhig vor uns. Auch unser Blick geht Richtung Westen, zu einem unserer nächsten Ziele: Madeira, irgendwo weit da draussen…

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