Teneriffa von Nord nach Süd

Nach der idyllischen Ruhe in Quinta do Lorde auf Madeira gefällt uns der Trubel im Stadthafen von Santa Cruz auf Teneriffa als Abwechslung ganz gut. Außerdem haben wir hier die Möglichkeit, einen Elektriker mit der Überprüfung unserer Batterielademöglichkeiten (Motor/Wind/Solar) zu beauftragen, da wir immer wieder Probleme mit dem Silentwindregler hatten.

Santa Cruz ist mit ca. 200.000 Einwohner/innen neben Las Palmas de Gran Canaria eine der beiden Hauptstädte der Autonomen Gemeinschaft Canarias, der Hafen zählt zu den größten spanischen Seehäfen des Atlantiks. Nicht ganz so schön ist der direkt an die Marina angegliederte Anleger für Fähren und Kreuzfahrtschiffe. Deren Generatoren pusten leider unentwegt die Schadstoffe in die Luft und brummen meistens auch nachts monoton vor sich hin. Da wir von hier aber einen wunderschönen Blick in die Berge haben und auch die Atmosphäre im Hafen stimmt, haben wir uns trotzdem entschieden, bis zu unserer Überfahrt nach Gran Canaria hier zu bleiben und per Auto die Insel zu entdecken.
Der Weg vom Hafen zum Plaza de Espana, dem Herzen der Stadt mit seinem großen Brunnen und abendlicher Treffpunkt besonders junger Menschen, wird gerade verkehrsberuhigt umgestaltet. Von der noch vorhandenen Baustelle ist im Hafen nichts zu spüren.

Eigentlich fühlen wir uns ja überall wohl, wo wir neu ankommen, weil jeder Ort, jede Stadt, jeder Küstenstrich und jede Bucht etwas Eigenes und Schätzenswertes hat. Und immer ist es doch anders als am vorherigen Ort. Hier sitzen wir morgens beim Frühstück in der Plicht und blicken auf die wolkenverhangenen Bergspitzen des Anaga-Gebirges, während die Sonne innerhalb von Minuten alle nicht in den Schatten gelegten Lebensmittel zum Schmelzen bringt. Die Häuser in den Bergen strahlen in der Sonne, abends bewirken die Lichter dieser Orte eine fast romantische Stimmung und das Glöckchen der Pfarrkirche „Iglesia de La Concepcion“ dengelt im Viertelstundentakt.

Auch Santa Cruz hat verlassene Ecken und zerfallende Häuser, aber vor allem wunderschöne Flecken, interessante Gebäude und liebevoll gestaltete Plätze. Großstädtisch und imposant sowohl das Kunst- und Kulturzentrum TEA (Tenerife Espacio de las Artes) als auch das Auditorio de Tenerife (Kongress- und Konzerthalle), wo wir in der Abendstimmung einem kleinen Musikkonzert auf der großen Terrasse lauschen. Ein toller Kontrast zum angrenzenden Castillo de San Juan Bautista aus dem Jahr 1643. Lebhaft der tägliche Stadtmarkt „Nuestra Senora de Africa“ in einem zweistöckigen Gebäude, das im Kolonialstil erbaut wurde. Besonders der jeden Sonntag hier stattfindende Straßenmarkt „Rastro“ zieht unzählige Menschen an, die sich wie wir an den Ständen der umliegenden Straßen vorbei treiben zu lassen, feilschen oder an einem der Marktstände einen Imbiß genießen.
Entspannende Oase der 1926 auf Ödland angelegte Stadtpark „Parque Garcia Sanabria“, für dessen Entstehung ein Journalist bereits im Jahr 1881 die Anregung gab. Neben einer Vielzahl an Laubbäumen und Palmen gibt es Springbrunnen, Kinderspielplätze, einen großen Kräutergarten, ein Terrassencafé und eine Vielzahl an Personendenkmalen, Skulpturen und Plastiken. Insbesondere den Kindern des Umlandes sollte damals hier durch die Errichtung des Parks ein Erholungsraum geboten werden. Jetzt ist es eine Wohlfühloase für uns und alle anderen Besucher/innen.

Um mehr von Teneriffa, der immerhin größten kanarischen Insel, zu sehen, gehen wir zunächst mit dem Bus und dann mit dem Auto auf Entdeckungstour. Für Bus und Bahn kaufen wir uns die praktische ten+ Karte. Die Karte selbst kostet 2,00 € und wird dann mit einem Guthaben zwischen 5,00 und 100,00 € aufgeladen. Beim Ein- und Ausstieg in den Bus wird die Karte an das Lesegerät gehalten, wobei beim Ausstieg die gefahrene Strecke dann automatisch von der Karte abgebucht wird. Vergißt man es beim Ausstieg, wird bis zur Endhaltestelle berechnet…weniger schön, aber wir haben’s uns sofort gemerkt 😉

Eine wirkliche Schönheit ist La Laguna, Universitätsstadt und Bischofssitz mit ca. 150.000 Einwohner/innen. Die Stadt wurde 1999 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und besitzt einen wirklich bemerkenswerten historischen Stadtkern, dessen Straßenverlauf aus dem 16. Jahrhundert stammt. Stundenlang schlendern wir durch die Straßen, bewundern besondere barocke Fassaden, Patios, Fresken, Säulen, Marmorbalustraden, Plastiken, Gärten, klettern auf den Glockenturm der Iglesia de La Conception (vermutlich gibt es x Kirchen, die diesen Namen tragen) und bekommen fast eine mittelschwere Trommelfellprellung, als 30 cm neben uns die Glocken zu läuten beginnen. Dennoch, wer demnächst nach Teneriffa kommt: La Laguna unbedingt besuchen.

Und wenn dann noch Zeit für die ebenfalls sehr schönen Orte Orotava und Candelaria bleibt… In Candelaria wird außerdem eindrucksvoll an die Ureinwohner Teneriffas, die Guanchen, u. a. in Form von großen Bronzestandbildern der 9 Guanchenkönige erinnert.

Wir sehen uns die Häfen in Radazul und Güimar an. In Radazul stehen mehrstöckige Häuser mit Ferienwohnungen in wenigen Metern Abstand direkt vor der Steilküste. Schön dagegen der Badestrand, den wir gleich nutzen, um ins Wasser zu springen. Nachdem wir Lea am Freitag vom Flughafen abgeholt haben, fahren wir gemeinsam nach Güimar und erleben hier das Gegenteil. Als einer der ältesten Orte Teneriffas besticht er mit bunten Fassaden, alten Fischerhäuschen, einem 800 m langen Strand aus schwarzem groben Sand, vergnügten Familien. Alles wirkt auf uns einladend und gut gelaunt. Da die Marina selbst allerdings ziemlich eingeengt wirkt, verwerfen wir eine Anfrage nach einem freien Liegeplatz.

Zu Dritt fahren wir durch den Nationalpark El Teide zum Vulkan Pico del Teide, dessen Gipfel mit 3.718 m der höchste Punkt Spaniens ist. Wir fahren mit etlichen Lauf- und Fotopausen bis zur Seilbahnstation auf 2.356 m Höhe und können uns unterwegs kaum satt sehen an dem wechselnden Naturschauspiel aus Wald, Baumgrenze, Caldera und bizarren Felsformationen. Eine Landschaft, die sich ständig auch farblich verändert und uns sehr beeindruckt.

Der Elektriker war zwischenzeitlich an Bord, auf das bereits vorher bei Silentwind neu bestellte Display warten wir noch. Unklar ist auch noch, warum der Batterieanzeiger nur den Verbrauch, aber nicht die Einspeisung anzeigt. Beim Ankern und auf längeren Strecken sollte das aber schon verläßlich funktionieren.

Und sonst: Der aus Teneriffa stammende Barraquito (Kondensmilch, Likör, Espresso und Milchschaum wird im Glas geschichtet) schmeckt sehr lecker, das kanarische Gofio-Mehl (aus geröstetem Getreide) steht auf unserer Einkaufsliste, der Titelsong „Zu Asche, zu Staub“ aus dem Fernsehmehrteiler Babylon Berlin ist unser momentaner Ohrwurm, Lea besucht einen Kitesurf-Kurs in El Medano und vermutlich werden wir mit Karl Ende der Woche eine Insel weiterziehen.

Noch ein paar Worte zum Hurricane Leslie: Die nicht wirklich vorhersehbare Zugbahn hatte auch unsere ganze Aufmerksamkeit. Bis klar war, dass er nicht geradewegs auf Madeira und Porto Santo treffen würde, haben wir uns aber viel mehr um Martina und Christian von der Tiger Blue auf Porto Santo und auch um Vreni und Christian von der Tringa auf Madeira gesorgt. Wir haben alle viel Glück gehabt und freuen uns, dass auch die Auswirkungen auf dem Festland wesentlich geringer waren als befürchet. So haben wir nach wie vor keine wirklich Ahnung davon, was es bedeutet, einem Hurricane quasi ins Auge zu sehen…und das bleibt hoffentlich auch so.

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