Entscheidung
Vollmondnacht und Delfine (hört sich fast an, wie ein Titel von Element of Crime) und mittlerweile sind wir ja auf Gran Canaria.
Aber erst noch einmal zurück nach La Palma. Am vorletzten Abend waren wir in Santa Cruz im kleinsten Restaurant der Insel. Wir hatten eine Entscheidung getroffen und das Gefühl, wir sollten uns etwas Gutes gönnen. Zu der Entscheidung später… aber was uns im Enriclai erwartete, war ein wunderschöner Abend mit einer Gastgeberin, die es verstand, ihre Gäste so zu bewirten, als ob wir bei ihr zu Hause wären. Das Essen war wundervoll und am Ende hatte es Carmen geschafft, dass sich alle zehn Gäste quer über die fünf Tische in einem babylonischen Stimmengewirr unterhielten. Danke Carmen für diesen wundervollen Abend.
Von La Palma bis hier nach Gran Canaria waren es gute 150 Seemeilen und nachdem wir ja erst so spät in La Palma aus dem Hafen kamen, entschlossen wir uns, nochmals kurz auf Teneriffa vorbeizuschauen. Ansonsten wären wir hier auf Gran Canaria erst spät in der zweiten Nacht angekommen und das musste ja nicht sein. Außerdem war unsere Stammpizzeria dort zu verlockend, als daß wir daran hätten vorbeisegeln können. So liefen wir gegen 11.00 Uhr wieder im Hafen von Santa Cruz ein. Nach einigem Gehader und Missverständnissen auf Kanal 9, ob wir jetzt einen Liegeplatz bekommen (oder nicht), wurde uns schließlich noch ein Platz zugewiesen. Am späten Nachmittag sind wir in die Stadt und in der Einkaufsstrasse fiel uns auf: hier hängt schon die Weihnachtsbeleuchtung. Was sich uns aber nach dem Essen am Abend bot, war schon ziemlich beeindruckend. Die ganze Innenstadt ist in den letzten Wochen in ein buntes Lichtermeer verwandelt worden. Weihnachtsschmuck, Weihnachtsmarkt inklusiv Livemusik, alles was das (bei uns nicht wirklich vorhandene) Weihnachtsherz begehrt. Kastanien wurden geröstet, nur der Glühweinstand fehlte zur Glückseligkeit…es war Sonntagabend und die ganze Stadt war auf den Beinen. Vor allem die Kinder machten grosse Augen und waren ganz hin und weg.Wir konnten das nicht so richtig nachvollziehen und fühlten uns eher wie in Stenkelfeld (wer es nicht kennt, einfach mal googeln…)
Montagmorgen ging es um 9.00 h aus dem Hafen und uns stand einer der schönsten Segeltage des letzten halben Jahres bevor. Es stimmte alles. Die Sonne, der Wind, die Delfine, das Meer und die wilde unbewohnte Südwestküste Gran Canarias im Sonnenuntergang. Da wir uns mit unseren Freunden von der SY Invia nochmals treffen wollten, nahmen wir Kurs auf Puerto Rico im Süden Gran Canarias. Im letzten Büchsenlicht erreichten wir den Hafen, um zu erfahren, daß dieser voll ist. Wohl dem, der vorher reserviert. Wir entschlossen uns, zwei Meilen zurückzumotoren, denn in Puerto de Mogan sagte man uns, dass noch ein Plätzchen frei ist. Gegen 9.00 h abends, herzlich von den Marineros begrüsst, quetschten wir uns mit Mooringleine auf den letzten freien Platz.
Wer Gran Canaria kennt,weiß das der Süden mit Puerto Mogan, Puerto Rico, Playa de Ingles und Maspalomas die „touristisch wertvollste“ Ecke Gran Canarias ist. Dementsprechend weiss man auch, worauf man sich hier einlässt. So gesehen haben wir es hier in Mogan noch sehr gut erwischt. Als wir am nächsten Tag mit dem Bus nach Puerto Rico gefahren sind, haben wir uns schon ordentlich erschrocken, wie es dort bei Tage aussieht…
Mit Mogan haben wir es gut getroffen. Hier sind tatsächlich noch alte dörfliche Strukturen erkennbar. Der Hafen ist allerdings komplett Anfang der 80er Jahre von einer Appartmentanlage umbaut worden, die aber zumindest nur zweigeschossig und auch in weitestgehender Anlehnung an die örtliche Architektur gestaltet wurde. Kein Wunder also, dass morgens die Tourist/innen kamerabewaffnet diese Architektur ablichten und manche vielleicht auch meinen, dass dies hier schon immer so aussah. Rings um das Hafenbecken befindet sich dementsprechend auch ein Restaurant neben dem anderen.
Nachdem wir also hier gemütlich im Hafenrestaurant Platz genommen haben, noch etwas in eigener Sache. Nach langem Überlegen haben wir uns entschlossen, nicht weiter gen Westen über den Atlantik zu segeln. Die Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen, aber schließlich war es der ärztliche Rat aus Bochum, der die Entscheidung brachte. Wer unseren Blog verfolgt, weiß, daß ich noch im Januar einen Bandscheibenvorfall hatte und bis kurz vor unserer Abfahrt Spritzen bekommen habe. Letztendlich hatten sowohl ich als auch mein Arzt die Hoffnung, dass es sich mit viel Bewegung bessern würde. Leider ist dies nicht der Fall. Latent ist der Ischias weiter gereizt; mal geht es besser, mal aber auch schlechter. Heißt, ich fühle mich nicht 100%ig fit. Die grösste Gefahr sind nicht unbedingt die Schmerzen (dagegen habe ich genug Schmerzmittel dabei), sondern ein kurzfristiger Ausfall meines rechten Beins. Passiert das, knickt das Bein ohne Vorwarnung weg und die Vorstellung, dass dies auf dem Vorschiff oder im Niedergang auf hoher See passiert, möchten Silke und ich uns nicht weiter ausmalen. Also bleiben wir hier auf den Kanaren und sehen, wie es sich weiter entwickelt. Es ist nicht unbedingt eine Strafe, den Winter hier zu verbringen :-). Was nur nervt, ist, daß wir die gebunkerten Vorräte jetzt nach und nach vertilgen müssen 😉 und daß unser Wander- und Tatendrang auf den Inseln dadurch deutlich gebremst wird. Auch, daß uns besonders die Kapverden „durch die Lappen gehen“, stimmt uns ein wenig traurig, aber wir sehen positiv in die Zukunft und freuen uns auf die nächsten sechseinhalb Monate.
4 Comments to “Entscheidung”
Hoi Silke und Hans
Es tut uns sehr leid, zu lesen, dass euer Traum durch die Bandscheibe von Hans eine Wende erfährt. OK, die Kanaren sind nun ja nicht der schlechteste Platz und fast so gut wie die Karibik. Schade verlieren wir euch als Vorsegler und „Späher“, ab jetzt müssen wir Erfahrungen ohne euch sammeln. Vielleicht sehen wir uns ja noch in Las Palmas, bevor wir Richtung Kapverden abziehen?
Liebe Grüsse von Pia und Köbi
Hola, Ihr Lieben…Ihr habt uns doch erkundungsmäßig längst eingeholt ?. Ja, wäre super, wenn wir uns vor Eurer Weiterfahrt Richtung Kapverden noch treffen würden. Wir geben alles ⛵. Liebe Grüße auf die andere Seite… Hans und Silke
Liebe ihr beide
Mit viel Interesse und Gwunder habe ich jeweils euren Blog gelesen und war sehr gespannt wie es für euch weitergeht.
Eine Entscheid ist gefallen, sicher besser als kein Entscheid. So öffnen sich neue Perspektiven und Möglichkeiten. Der eigene Horizont kann sich wieder erweitern.
Wir bleiben über Winter hier in der Schweiz, die Mutter von Christian ist letzte Woche verstorben, nebst der Trauer gibt’s viel Arbeit zu bewältigen
Unser Plan ist im Bereich Mai wieder auf Tringa zu gehen, die Kanaren Auszug kosten und dann auch im Dezember wiederum neu zu entscheiden…..
Vielleicht sehen wir uns doch nochmals? wäre doch schön
Euch weitere schöne Tage und viel bezaubernde? weihnachtsbeleuchtung
Herzlich Vreni und Christian
Ihr Lieben, wie schön, von Euch zu hören, auch wenn Trauriges dabei ist. Wir nehmen es, wie es ist, und machen das, was geht. Und das ist immer noch eine ganze Menge ?
Euch wünschen wir, daß Ihr guter Dinge wieder auf Tringa zurück kommt und natürlich wäre ein Wiedersehen wunderbar. Seid geärmelt von Hans und Silke