Gran Canaria…mehr als Bettenburg im Süden

In Puerto de Mogan finden wir zwar das architektonische Konzept vergleichsweise passabel, mit dem hier eine Ferienanlage gebaut wurde, aber es ist trotzdem auch nur ein reiner Ort des Tourismus.

Ausgenommen einige ursprüngliche Häuser, die sich den Hang hinauf ziehen und deren Gassen zu einem Aussichtspunkt führen. Lange war dieser Aussichtspunkt bei nicht allzuvielen Tourist/innen bekannt. Jetzt ist dieser Aussichtspunkt „Mirador Juan Hernandez Moreno“ jedoch bereits am unteren Teil der Wohnhäuser gekennzeichnet. Zunehmend etwas beklommen steigen wir die Treppenstufen direkt vorbei an den Küchen, offenen Fenstern und Haustüren zum Mirador hoch. Zu eng sind die Treppen, um Distanz zu wahren; wir fühlen uns ein wenig wie Eindringlinge. Fußläufig in unmittelbarer Nähe der Marina nett der kleine alte Fischerhafen, irritierend die Rote-Kreuz-Station, am Nachmittag erfrischendes Schwimmen in der Badebucht mit Sandstrand, unmotiviert ein mitten in die Landschaft gesetztes Shoppingcenter mit riesigem Parktplatz und wenigen Besucher/innen… An unserem Steg in der Marina liegen ganz dicht beieinander etliche Langzeitlieger, andere Boote sind offenbar seit langem verwaist, Schrebergartenstimmung macht sich breit.

Wir machen uns von hier aus auf, um andere Eindrücke von Gran Canaria zu bekommen. Ganz gern verschaffen wir uns erst einmal einen Überblick von oben. So auch hier vom Pozo de las Nieves aus, dem 1.940 m hohen Berg Gran Canarias in der Inselmitte. Wunderschön der Blick zunächst auf die direkt daneben befindliche höchste Inselerhebung Morro de la Agujereada mit 1956 Metern und weiter über den Roque Nublo bis zum Teide auf Teneriffa. Der Roque Nublo amüsiert uns ein wenig mit seiner ganz eigenen Form. Wie ein magisches Topping präsentiert sich der Basaltfelsen, das Wahrzeichen der Insel, und lenkt das Augenmerk immer wieder in seine Richtung. Zum Pico de las Nieves zieht es auch etliche Radfahrer/innen, von denen einige am Ziel der mühsamen Anfahrt ihr Rad stolz wie eine Trophäe in die Luft stemmen.

Weiter südlich bummeln wir im kleinen Bergdorf Fataga an liebevoll gestalteten typisch kanarischen Hausfassaden und an Orangen- und Zitronenbäumen vorbei, dann weiter am mit Schilf und Palmen bewachsenen Flußbett. Von der alten Wassermühle aus haben wir einen ganz besonderen Blick durch das Tal von Fataga bis hin zu den weiß getünchten Häusern. Wir fühlen uns hier sehr wohl und sinnieren über einen Alterswohnsitz… 😉

Das nicht weit entfernte Santa Lucia und San Bartolome besuchen wir auf dem Weg zu den Dünen von Maspalomas. Da uns auf der Fahrt nach Maspalomas immer wieder die fast ineinander verschachtelte Landschaft vom eigentlichen Ziel abgelenkt hat, können wir gerade noch einen tollen Sonnenuntergang bestaunen und haben immerhin den tagsüber stark frequentierten Strand fast für uns alleine. Noch schnell eine Runde zum Faro (Leuchtturm), ein schmunzelnder Blick auf die auch hier ausufernde Weihnachtsbeleuchtung und zurück mit dem Vorsatz, noch einmal hierher zu kommen. Vermutlich nehmen wir unseren Karl dann gleich mit…

Viele Radfahrer/innen treffen wir auch wieder in Ayagaures, einer Ökogemeinde des Biospährenreservats von Gran Canaria, das von zwei Stauseen umgeben ist. Die Staumauer eines Stausees ist begehbar, in den Stauseen darf der Karpfen (nach Erteilung einer Lizenz vom Dorf) selbst geangelt werden.

Bevor wir uns von Puerto de Mogan aus in nördliche Richtung auf den Weg machen, müssen wir einen Waschtag einlegen. In der Marina selbst gibt es keine Waschmaschine, wir haben auch keine an Bord, aber es gibt einen Waschsalon ein paar Hundert Meter weiter. In der Lavanderia verbringen wir ein paar „gemütliche“ Stunden, bevor zwischen Karls Wanten wieder die bunten Fahnen wehen.

Die Autobahn auf Gran Canaria beginnt in Puerto de Mogan und führt über den Süden zur Hauptstadt Las Palmas im Nordosten bis in den Nordwesten. Der Westen selbst ist nur mittels einer Carretera menos importante (weniger wichtige Straße) verbunden. Diese Straßen sind aber ohnehin wesentlich interessanter, weil es rechts und links immer viel zu sehen gibt und wir oft anhalten können, um den Rundumblick zu genießen. Auf dem Weg Richtung San Nicolas ist ein ganz besonderer Haltepunkt die Felsformation Fuente de los Azulejos (Brunnen aus Fliesen). Das Vulkangestein schillert hier an mehreren Stellen verschiedenfarbig und ist schon von weitem erkennbar. Ihren Namen trägt sie, weil die Farbigkeit der Felswand an die spanischen und portugiesischen Keramikfliesen (Azulejos) erinnert. Die Farben sind durch Einlagerungen und Aufwerfung entstanden: gelbe Schichten (Schwefeleinlagerungen), grünliche (Eisenhydrat), rötliche (Eisenoxid), daneben dann der fast weiße Bimsstein und der violett bis schwarze harte Basalt.

Vermutlich weil noch beduselt vom Farbrausch, besuchen wir den Cactualdea-Park. Ein deutsches Kakteenliebhaberehepaar hat hier vor Jahrzehnten auf einer Fläche von 15.000 Quadratkilometer neben Palmen und Aloe-Pflanzen auch 1.200 Kakteenarten aus aller Welt gepflanzt. Eine Mischung aus überall herumlaufenden Tieren (Pfauen, Hühner, verhaltensgestörte Enten…), abwechslungsreicher Bepflanzung, einer Jukebox mit Glockenspiel, einem kleinen Amphitheater, einer Bar mit Musik von Freddy Quinn und Freunden, zerstörten und irgendwie auch verstörenden lebensgroßen Puppen macht das ganze zu einem besonders skurillen Erlebnis.

Einmal schnell geschüttelt und weiter über das abgelegene Dorf La Aldea de San Nicolás zur Küste. La Aldea mit ca. 7.000 Einwohner/innen hatte eine großartige Idee, um seine entbehrungsreiche und isolierte Vergangenheit nicht zu vergessen. In 13 Museen wird an „echten“ Orten das frühere Leben dargestellt, u. a. einer Gofio-Mühle und einer Tomatenpackstation. Leider war keines der Museen bei unserem Besuch geöffnet.

Dass die schönsten Sonnenauf- und -untergänge am Wasser zu sehen sind, beweisen Trillionen Fotos. Einen ganz besonderen Sunset-Point gibt es in Puerto de Mogan nur ein paar Minuten vom großen Müllcontainerplatz entfernt. Kaum erkennbar führt hinter diesem häßlichen Containerplatz ein Schotterweg zur Klippe und nur durch Zufall haben wir erst nach Tagen von dieser tollen Stelle erfahren. Abends finden wir uns dort mit ca. 30 anderen Personen (fast ausschließlich Spanier/innen) zur imposanten und farbenprächtigen Abendvorstellung der Sonne ein. Mit dem Rücken an die warme Steilwand gelehnt, oberhalb, aber nur wenige Meter von der Brandung entfernt…einfach nur staunen und genießen.

Nach unserer Entscheidung, auf den Kanaren zu überwintern, haben wir Zeit gewonnen, um die einzelnen Inseln noch intensiver zu erkunden. Also hätten wir von Puerto de Mogan aus noch mehr Plätze im Westen ansteuern können. Uns wurde es aber dann doch zu eng in der Marina, der morgendliche Gang durch die schon gefüllte Tourimeile zu den Duschen, die ausgeprägte Laubenpieperatmosphäre am Steg; selbst Karl hat schon an den Festmachern gerüttelt. Da wir außerdem Pia und Köbi mit ihrer Lupina noch in Las Palmas vor deren Weiterfahrt zu den Kapverden treffen wollten und sich auch Martina und Christian mit der Tiger Blue dort angekündigt hatten, haben wir direkt Kurs Las Palmas genommen.

Der Wind hat uns dabei von vorne genau im Visier und als müsse er uns in Schach halten, macht er den ganzen Tag über jede Kursänderung bis Las Palmas mit. Schon mehrere Seemeilen vor bis zum Hafen hin liegen viele Bohr- und Versorgungsschiffe vor Anker. Das AIS zeigt uns über 50 dieser Bohr- und Versorgungsschiffe an, von denen nicht wenige offenbar beschäftigungslos sind. Wir passieren mit Karl einen dieser Klötze nach dem anderen.
Nachdem der Anker um 19.00 h vor der Marina Las Palmas gefallen ist, freuen wir uns, als das Tuckern in den Ohren endlich nachläßt.

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6 Comments to “Gran Canaria…mehr als Bettenburg im Süden”

  1. Hallo von nebenan. Wieder tolle Bilder und interessanter Bericht!
    Das mit dem höchsten Berg auf Gran Canaria haben wir überprüft. Dachten bisher immer, es sei der Pico de las Nieves. Als wir dann diesmal oben waren bei herrlichem Wetter haben wir auch gedacht, da gibt’s gleich nebenan einen grösseren. Wikipedia und Google haben geholfen (wobei es auch da Widersprüche drin hatte): Pico de las Nieves: 1949 m / Morro de la Agujereada: 1956 m
    Liebe Seglergrüsse von der Lupina und Crew

  2. Hallo Hans,
    Du erwähnst in dem Artikel das ihr ankert. Wie ist es auf den Kanaren? Wir wollen eventuell den nächsten Winter dort verbringen. Findet man brauchbare Ankerplätze, oder muss man eher in Marinas geben? Sollte ja alles im Budget bleiben.
    Danke, Liebe Grüsse
    Astrid

    1. Hallo Astrid, wir haben leider bisher weniger als geplant geankert, da wir ja über Monate immer wieder auf den Silentwind-Regler warten mussten. Ich gebe Deine Frage aber gern an die Lupina weiter. Köbi und Pia haben sehr viel vor den Inseln geankert. Die Hafengebühren sind übrigens hier ziemlich günstig, wobei Las Palmas die mit Abstand kostengünstigste Marina hat. Viele Grüße… Hans und Silke

    1. Danke, Dorothee, Im Gegensatz zu Euch hinken wir mit unseren Beiträgen ja immer etwas der Zeit hinterher. Eure Aktualität beeindruckt (neben Euren Blogeinträgen) uns immer wieder. Liebe Grüße Richtung Kapverden und Euch auch schöne Weihnachtstage ?

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