El Hierro, wir kommen wieder…
Nach den vielen Eindrücken der ersten Woche auf El Hierro legen wir einen Hafentag ein, kümmern uns ein wenig um Karl, waschen und legen ansonsten die Füße hoch.
Der nächste Tag führt uns noch einmal durch den Nebel- bzw. Lorbeerwald (Laurisilva) an der Nordseite der Cumbre mit hier überwiegend wachsendem Stinklorbeer. Wird die Rinde des Stinklorbeers beschädigt, setzt er einen ziemlich fiesen Gestank frei. Auf El Hierro gibt es nur noch wenige Flecken Lorbeerwald, aber auch hier bewegen wir uns auf über 1.000 m Höhe in einer üppig grünen Pflanzenwelt. Bis zu 30 Meter hoch werden auf den Kanaren die Lorbeerbäume, an dessen Blättern das Wasser der Passatwolken kondensiert und abtropft. Hier im Fayal-Brezal-Wald ist zwischen Lorbeerbäumen, Gagelbäumen, Baumheide und einigen Kiefern der Boden überall mit grünen Moosen und Farnen bedeckt, Gagelbäume und Baumheide sind zudem mit Flechten bewachsen…märchenhaft, wenn auch auf El Hierro räumlich leider nur noch ein kleines Märchen.
Ein ganz besonderes Ereignis begab sich Anfang der 1970er Jahre auf El Hierro, als ein Hirte eine Unterart der ausgestorben geglaubten Rieseneidechse aus der Zeit des Tertiärs (endete vor immerhin 2,6 Mio. Jahren) entdeckt hat. Aufgezogen wird die Galliota Simonyi jetzt unter geschützten Bedingungen (keine Katzen, Raubvögel…) im Lagartario nördlich von La Frontera, die Auswilderung der bis zu 50 cm großen Echse erfolgt an ebenfalls geschützten Stellen der Insel. Beim vorherigen Rundgang durch einen Vulkantunnel neben dem Lagartario erfahren wir einiges über die (überlieferten) Geschichten dieses Tunnels und beobachten anschließend ausgiebig die entspannten, noch nicht ausgewachsenen Echsen hinter Glas. Lange bleiben wir dann noch im angrenzenden Ecomuseo de Guinea, einem (jetzigen Museums-)Dorf aus Vulkangestein, das vom 17. bis Mitte des 20. Jahrhunderts bewohnt wurde. Traditionelle Einrichtungen verschiedener Generationen werden hier nachgestellt, wir können uns kaum lösen von diesem speziellen Ort. Bis vor 70 Jahren nur wenige Flugstunden vom Großstadttreiben auf dem Festland entfernt eine vollkommen eigene kleine Welt inmitten der Natur.
Wir fahren dann doch irgendwann weiter und machen Halt am Punta Zamora im Nordwesten. Stundenlang könnten wir hier die Formen der Basaltsäulen bestaunen, aber wir wollen noch zum Hotel Punta Grande, dem ehemals kleinsten Hotel der Welt auf einer Felshalbinsel. Hier schlagen die Wellen bei Sturm bis an die Hoteltüre. Leider sind Hotel und auch das Terrassencafé zur Zeit geschlossen. Aber wir können uns gut vorstellen, wie es sich hier in einem kleinen Zimmerchen umgeben von lautstarker Brandung schlafen läßt. Als Unterkunft für einige Tage sicher ganz spannend…
Da es uns an der Cala de Tacoron so gut gefallen hat, verbringen wir mit Martina und Christian einen Schnorchel-Grill-Relax-Tag dort. Da komplett von Lavagestein umschlossen, ist die Bucht vor allzu hohen Wellen geschützt und macht das Baden hier recht sicher. Im klaren Wasser können wir die vielfältige Unterwasserwelt gut erkunden, die Grillstelle nutzen wir redlich aus (Martina bereitet sogar einer kleinen Maus mit dem Rest eines gegrillten Maiskolbens ein Festessen), der Sonnenuntergang rundet den schönen Tag ab. Erst lange nach Einbruch der Dunkelheit löschen wir das Grillfeuer und machen uns auf den Rückweg nach La Restinga.
Im Hafen erhält Hans seine erste Tauchstunde. Perfekt ausgerüstet und eingewiesen geht Hans mit Christian an seiner Seite auf Tauchstation und ist vollkommen begeistert. Während dessen kaufen Martina und ich in der Fischhalle am Hafen fangfrischen Papageifisch, je ein farbenprächtiges Weibchen und ein etwas langweilig aussehendes grau-braunes Männchen…gut geschmeckt haben sie aber alle. Wie wir erst jetzt (Anfang Februar 2019) erfahren haben, besteht auch auf den kanarischen Inseln (seit 2018 sogar zunehmend) die Gefahr, sich eine Ciguatera-Fischvergiftung zuzuziehen. Erstmals im Süden Teneriffas in der Marina del Sur in Las Galletas sehen wir einen Flyer der Dirección General De Salud Pública, mit dem auf die übertragenden Fischarten hingewiesen wird. Wer mehr Informationen zu Ciguatera sucht, dem/der empfehlen die Internetseite Blauwasser.de und hier den Beitrag „Ciguatera – die unsichtbare Gefahr beim Angeln (Fischvergiftung) von Jimmy Cornell.
Und dann ist sie da, die totale Mondfinsternis. Um 5.21 h in den Morgenstunden des 21.01. wird der Blutmond zu sehen sein. Und tatsächlich, sowohl Lärche (Hans) als auch Eule (Silke) schälen sich rechtzeitig aus der Koje, um dieses Naturereignis zu sehen. Nachdem Hans wieder in der Koje liegt, beobachte ich, in den Schlafsack gemummelt, noch eine Weile die Veränderung am Himmel von der Plicht aus. Dann wird es mir aber doch zu kalt hier draußen in der etwas windigen kanarischen Winternacht.
Später fahren wir noch einmal im Westen durch den Lorbeerwald, vorbei am großen Picknickplatz Hoya del Pino und kaufen auf einer Plantage die Ananas direkt beim Bauern während der Ernte. Weiter geht es in den äußersten Westen zum Playa del Verodal, einem 150 m langen schwarz-roten Strand aus Vulkansand mit starkem Wellengang vor beeindruckender Felskulisse mit Steinschlaggefahr; schöner Picknickplatz incl. Das Schwimmen ist hier aufgrund häufig starken Wellengangs nur in Strandnähe möglich.
Tags darauf geben wir den Leihwagen am Flughafen wieder zurück und nehmen auf dem Weg dorthin einen Tramper mit. Von ihm, weitgereist mit Wurzeln auf El Hierro, erfahren wir Interessantes über die vielen Auswanderer/innen, die von El Hierro aus in Venezuela ihr Glück gesucht haben, jetzt aber aufgrund der politischen Verhältnisse dort verständlicherweise zurückkehren. Es wird ihnen nicht leicht gemacht, auf El Hierro wieder Fuß zu fassen. Einmal die Heimat verlassen, werden sie nach ihrer Rückkehr hier wie Fremde behandelt. Unser sympathischer Mitfahrer wirkt verständlicherweise sehr bedrückt. Vom Flughafen aus dann mit dem Bus nach Valverde und während der längeren Wartezeit auf den Bus nach La Restinga, machen wir noch einmal einen Rundgang durch die kleine Hauptstadt El Hierros.
Das 10 km vom Flughafen entfernte Valverde besticht durch ländlichen Charme und ist die einzige Hauptstadt der kanarischen Inseln, die nicht direkt am Meer liegt. Die knapp 5.000 Einwohner/innen leben verteilt auf großer Fläche. Mittelpunkt wie in fast allen Orten die Kirche, hier fällt aber auch das gleich gegenüber liegende Rathaus auf. Eine angenehm unaufgeregte Hauptstadt für uns, besonders für die hier lebenden jugen Menschen kann es aber wohl auch ganz schön langweilig werden.
An der Küste um La Restinga mache ich mich nochmal auf in die Lavafelder von Los Lajiales, einer von erstarrten Lavaströmen geprägten Landschaft. Überall windet sich Seillava zum Meer, ich komme mir vor wie auf einem anderen Planeten. Hier ist so gut wie keine Vegetation vorhanden, Lava türmt sich an manchen Stellen auf und erkaltete Lavaströme vermitteln den Eindruck, als würde mir deren Betreten immer noch die Füße verbrennen.
So langsam müssen wir leider weiter bzw. zurück und die Leinen auf El Hierro lösen. Da es jetzt oft gegen den Wind geht, macht Hans noch einmal einen Mast- und Wantencheck, ich wage mich bei meiner Mastpremiere immerhin bis zur ersten Saling hoch. Dann bekommt Karl noch eine wassersparende Katzenwäsche und zwar schweren Herzens, aber voll schöner Erinnerungen, nehmen wir Abschied von El Hierro Richtung La Gomera.