2018 – 2019 ein Jahr unterwegs, über den Tellerand hinaus gesegelt…
… mein Blick zurück
5.800 Meilen liegen im Kielwasser.
Statistik
Insgesamt waren wir genau 365 Tage unterwegs, haben 7 Länder, 55 Häfen und 11 Ankerplätze (23 Nächte) angelaufen. 33 Tage und Nächte haben wir auf „hoher See“ verbracht. Das ergibt eine statistische Aufenthalsdauer pro Hafen/Bucht von ca. 5 Tagen. Die Hafengebühren lagen für unseren Karl (10,20 x 3,55) zwischen 8,50 € in Las Palmas und 35 € auf Guernsey. Im Schnitt (bezogen auf das ganze Jahr) haben wir pro Nacht ca. 18 € bezahlt,(Kanaren ca. 170 Übernachtungen knapp 14,00 €/N)
Die längste Strecke Azoren – Camaret sur Mer betrug 1.138 Meilen in 9,25 Tagen, entspricht einem durchschnittlichen Etmal von 123 Meilen. Das beste Etmal hatten wir zwischen La Graciosa und Madeira mit 146 Meilen.
Die höchste (von uns) gemessene Windgeschwindigkeit war auf Gomera vor Anker mit 34 Kn.
In Las Palmas hatten wir laut der offiziellen Stellen am Heiligabend 50 Kn in Böen im Hafen, lagen aber in der Vela Latina sehr geschützt. Auf See haben wir die 30 Kn nie erreicht. Beim Hurricane Leslie hatten wir Glück, dass wir schon auf den Kanaren waren und der Sturm nördlich an Madeira vorbei und nicht südlich zu den Kanaren zog.
Insgesamt lagen 14 Inseln auf unserem Weg. Acht alleine auf den Kanaren, auf denen wir 7 Monate verbrachten. Dort haben wir 16 Häfen besucht und in vier Buchten 14 Tage geankert. Die längste Zeit lagen wir in Las Palmas, Gran Canaria (23 Tage), dicht gefolgt von Santa Cruz, Tenerife (21 Tage) und Santa Cruz, La Palma (18 Tage). Insgesamt waren wir mit 36 Tagen am längsten auf Tenerife.
In unserem Blog haben wir 81 Berichte geschrieben. Insgesamt wurden die Seiten 36.000 mal besucht. Die Berichte wurden im Schnitt 250 mal gelesen. Die meistgelesenen Berichte waren mit deutlichem Abstand die Beschreibung unseres Geräteträgers und dann im Dezember 2018 unser Beitrag darüber, daß wir auf den Kanaren bleiben (Entscheidung) .
Mein persönlicher Rückblick
Acht Wochen sind wir jetzt zurück. Alles beim Alten? Vieles, nicht alles. Der Einstieg ins Büro und auf die Baustelle ging nahtlos, dank meines tollen Partners, der mir verabredungsgemäss alles abgenommen hat. Dank dafür!
Am Anfang war es eine Paralellwelt. Der Alltag zurück auf der einen, auf der anderen Seite dieser Traum, der ein viel zu schnelles, vor allem abruptes Ende gefunden hat. Es fällt noch schwer, beides übereinander zu bekommen.
Die Selbstbestimmtheit und Freiheit, diese Entspannung ist mit nichts zu vergleichen. Am Anfang hat es ein bischen gedauert, um im Sabbatical anzukommen. Respekt vor den Aufgaben, die vor uns lagen. Wird alles gut gehen? Aber im Laufe der Zeit haben sich die Zweifel gelegt und das Reisen wurde zu unserem Alltag. Schon im Vorfeld stand das Segeln nicht im Mittelpunkt, sondern es war ein tolles Mittel zum Zweck. Langsames reisen, mit der Natur, für das Kennenlernen von Land, Menschen und Meer.
Auch wenn wir vor Abreise unserer Beziehung ziemlich sicher waren, war auch dies natürlich ein Experiment. Würde die Beziehung das Jahr, die neuen Anforderungen, die Enge des Zusammenlebens und das ständige Zusammensein aushalten ?
All diese Fragen, die wir uns vor der Abreise gestellt haben, kann ich jetzt, da wir wieder zu Hause sind, positiv beantworten. Wir haben Länder bzw. Inseln intensiv kennengelernt, wir haben viele interessante Menschen getroffen, viele Abende in der Plicht gesessen und tolle Begegnungen und Diskussionen gehabt. Es sind Freundschaften entstanden, die über das Jahr hinausgehen …
Beim Segeln hat uns das Meer Erlebnisse geschenkt, die wir so schnell nicht vergessen werden.
Wir haben 365 Tage Sommer gelebt und was ist mit unserer Beziehung passiert ?
Sie ist intensiver geworden. Es war ein wunderschönes Jahr zu Zweit auf den paar Quadratmetern. Natürlich nicht immer einfach, aber wenn es mal nicht ganz so gut lief, waren diese Situationen dank der allgemeinen Entspannung schnell vergessen. Von mir aus würde ich jederzeit wieder losziehen, eine wundervolle Zeit…mit dir Silke, meiner Liebe, zu neuen Ufern…
… zum Glück geht’s dem (nächsten) Sommer entgegen …
Welche Eindrücke, Erinnerungen werden bleiben? Höhepunkte…
Die Zeit, bevor wir losgekommen sind. Das letzte halbe Jahr, wo oft die Vorfreude deutlich vom Stress überholt wurde.
Kaum die Leinen losgemacht, wurden wir schon wieder durch Baumbruch ausgebremst. Zwei Wochen Zwangspause, die gut taten. Urlaub, um uns in unserem neuen Leben zurechtzufinden. Nachdem wir gespürt haben, dass wir uns im Ernstfall aufeinander verlassen können und nicht in Panik geraten sind, hat uns gegenseitiges Vertrauen geschenkt. Ein gutes Gefühl der Sicherheit, dass wir uns aufeinander verlassen können. Das hat uns tief berührt und sehr gestärkt. Zwei Wochen Urlaub, um im Sabbatical anzukommen. Eigentlich müssen wir uns beim Baum bedanken.
Glück gehabt!
Die Biskaya, die uns gezeigt hat, dass die Natur launisch sein kann und die Vorhersagen oft stimmen, aber nicht zwingend stimmen müssen. Aber auch hier Glück gehabt, denn so lernen wir das nördliche Galizien kennen. Galizien, der erste Höhepunkt. Von vielen beschrieben, aber zu oft von vielen vernachlässigt! Ab Galizien befinden wir uns jenseits des Tellerrandes. Ab hier treffen wir andere Seglerinnen und Segler mit gleichen oder ähnlichen Ideen. In der Seglergemeinschaft angekommen.
In Portugal, der erwartete Nebel und die nicht erwarteten, empfindlich kühlen Temperaturen, aber auch der erste Besuch von Lea und Alex.
Die Überfahrt von Lissabon nach Porto Santo. Der erste Abend der Überfahrt bei schwachen Winden und Lissabon im Sonnenuntergang hinter uns. Vier Tage später die Ankunft auf Porto Santo mit einer Erkältung in den Knochen, der erste Landgang auf einer wunderschönen Insel. Ein Traum wird wahr. Der erste Schritt zum Langfahrtsegln. Wir haben uns vom Teller entfernt.
Madeira, die Blumeninsel, aber mehr bleiben mir die schroffen Berge des Ostens in Erinnerung. Die Ruhe in Quinta do Lorde. Erste (schlechte) Erfahrungen mit Mietwagenfirmen. Der Besuch von Ruth und Max, mit denen wir die Insel erkunden und soweit es bei mir noch geht, auch erwandern. Poncha, als Medizin gegen Ischiasschmerzen 😉
Ankunft auf Tenerife. Die Überfahrt, schon fast Normalität, ist nichts besonderes mehr. Santa Cruz, eine wunderschöne Großstadt, die uns länger beschäftigt und mir in sehr guter Erinnerung bleibt. Die sympathische Marina mitten in der Stadt, nette Bekanntschaften. Der Hurrican Lesley hält uns in Atem. Der zweite Besuch von Lea. Kitesurfen (also von Lea) in El Medano.
Segeln auf den Kanaren. Wärme, auch in der Nacht und am frühen Morgen, Wind, kein Wind, Starkwind, Atlantikdünung, Delfine und Wale. Nicht immer einfaches segeln, aber wunderschön…
La Gomera, La Palma, Entdeckungen im Alleingang, Nebelwälder, Berge, wunderschöne Inseln, Marina mit klapperndem Hafentor, ein Abend im Enriclai, dem wunderbaren, kleinen Restaurant in Santa Cruz de la Palma. Nur keine Wanderungen mehr: mein Ischias. Überlegungen, nach Hause zu fliegen, um mich operieren zu lassen. Die Entscheidung, auf den Kanaren zu bleiben. Keine Strafe, aber ein Einschnitt.
Gran Canaria…Puerto de Mogan, zum ersten Mal werden wir mit Massentourismus konfrontiert. Uns bleibt die Luft weg im Hafen. Zu eng, zu künstlich, zu viele Seglerinnen und Segler, die aufgegeben haben und hier ihren Lebensabend verbringen. Nächtliche Ankunft in Las Palmas: Verweis auf’s Ankerfeld. Viel Glück am nächsten Morgen, als Silke einen Platz in der kleinen Vela Latina ergattert. Wunderschöne vorweihnachtliche Tage in Las Palmas, auf Gran Canaria, der Insel, die mehr bietet, als wir erwartet haben. Aus flüchtigen Bekanntschaften werden Freundschaften. Heiligabend bei gemütlichem Käsefondue auf der Tiger Blue (im heftigen Kalimasturm). Gemeinsame Verabredung mit SY Lupina und SY Tiger Blue, Silvester zusammen in San Miguel auf Tenerife zu verbringen und gemeinsam ins neue Jahr zu feiern. Weit ausserhalb des Tellerandes zu Hause angekommen…
Zurück auf Tenerife. Wunderschönes Silvester, gemeinsame Ausflüge bis auf über 3000 m Höhe.
Schatzinsel El Hierro, schnorcheln, tauchen, grillen, Abschied von Pia und Köbi, mit dem Versprechen, dass wir uns wiedersehen. Wir freuen uns drauf.
10 Tage vor Anker in Vueltas, La Gomera. Einfach eine tolle Zeit, die mit der Trennung von Freundinnen und Freunden endet. Ab jetzt geht es zurück. Unsere Entscheidung ist gefallen, es geht über die Azoren.
Fuerteventura, Melancholie. Gran Tarajal…ein sehr schöner Hafen, komplett ohne Tourismus. Lanzarote. Ruth und Max zum zweiten Mal an Bord. Karneval, der hier eigentlich kein Karneval ist und neue, liebe Bekanntschaften in Arrecife. Die einzige Insel, die ich im Vorfeld schon kannte, von daher: keine Überraschungen.
Last not least, die kleinste Insel der Kanaren, La Graciosa. Zum Glück nochmal ein Höhepunkt, auch wenn mein Zeh da anderer Meinung sein mag. Vorbereitung zum wohl schwierigsten seglerischen Teil, gegen die vorherschenden Winde 800 Meilen zu den Azoren. Gemeinsam mit der SY Karakter warten wir fast zwei Wochen auf ein passendes Wetterfenster zurück nach Madeira.
Seekrankheit, bedingt durch die Antibiotika, 300 Meilen hart am Wind. Frühling statt Herbst. Diesmal sind wir in Funchal und wir lernen die Stadt ganz anders kennen. Erneutes Warten auf ein Wetterfenster nach Santa Maria, Azoren. Diesmal 500 Meilen unter ähnlichen Bedingungen, mit ähnlicher Seekrankheit. Unterwegs mit 5 Booten in Richtung Nord-West. Funkrunden, ein tolles Gefühl, nicht alleine zu segeln (und ein Lob an Karl: er ist zwar der kleinste, aber nicht der langsamste ;-))
In allen Grüntönen schillerndes Santa Maria. Kühe, wohin das Auge schaut. Ein tolles Gefühl, es geschafft zu haben, hier tatsächlich angekommen zu sein. Nach einem halben Jahr Kanaren, völlig neue Eindrücke. Der Abstand zum Teller wächst – schließlich sind wir mitten im Atlantik .
Grippe und die warmen Quellen auf São Miguel. Gefühlt ist es Winter. Was Regen ist, hatten wir fast vergessen. Hier auf den Azoren lernen wir ihn wieder kennen. Langsam drückt die Zeit und wegen der Grippe, die uns nacheinander befällt, treffen wir die Entscheidung, von hier zurück nach Osten zu segeln. Unruhe vor der längsten Etappe unserer Reise. Wieder (un)geduldiges Warten auf das nächste Wetterfenster und wir haben wieder Glück.
Etwa 1300 Meilen liegen vor uns (diesmal sind wir alleine) und wir erwischen ein perfektes Wetterfenster. Dank unseres Satellitentelefons erhalten wir regelmässig die Wetterinfos von Wetterwelt. Ein beruhigendes Gefühl, denn wir haben mehr Regen als Sonne und wir verkriechen uns unter Deck. Verlassen uns nachts auf AIS und Radar und machen nur noch etwa stündlich einen Rundumblick. Die letzte Nacht wird bei der Querung des Dampfertrecks sehr spannend. Völlig entspannt erreichen wir Camaret sur Mer. Wir sind wieder zurück auf unserem Teller! Der ist aber mittlerweile sehr, sehr viel grösser geworden. Wir sind nicht nur in Frankreich angekommen.
Ab jetzt fühlen wir uns zu Hause. Wir geniessen die Bretagne, die uns die letzten Wochen nicht nur mit ihrer Landschaft verwöhnt, sondern auch bestens für unser leibliches Wohl sorgt…
100 Meilen sind für uns gefühlt keine Entfernung mehr. Die letzten Tage verbringen wir auf Texel und liebe Freunde begrüssen uns. Vor der Schleuse in Stavoren werden wir nicht nur von der Familie empfangen, sondern auch durch Zufall von der Crew der SY Miss Peel, die uns im Internet verfolgt hat.
One comment to “2018 – 2019 ein Jahr unterwegs, über den Tellerand hinaus gesegelt…”
da bekommt man ja direkt Gänsehaut!