Sao Miguel

Am 29.04. lösen wir um 7.00 h die Leinen auf Santa Maria und machen uns bei Süd-West-Wind mit 3 Beaufort auf den Weg nach Sao Miguel.

Zwei Stunden später begleiten uns wieder einige Delfine, offenbar sind wir aber heute mit nur 4,5 Knoten Fahrt zu langweilig für die verspielten Tiere. Schade, sie sind immer wieder eine kurzweilige Abwechslung. Der Wind nimmt später ein wenig zu, die Wolken verdichten sich aber leider auch. Gegen 15.30 h dreht der Wind auf NO, bei einem Knoten Gegenstrom kommen wir nur noch im Schneckentempo vorwärts. Also geht es unter Groß und Motor weiter. Fieser Nieselregel ab 18.30 h, der Wind dreht weiter nach Nord und die letzten Meilen ziehen sich wie Kaugummi. Um 20.00 h erreichen wir nach 56 Seemeilen die Marina auf Ponta Delgada und müssen erst einmal an einen Längssteg, weil hier viele Boote gleich zu zwei Fingerstegen hin abgespannt sind. Je nach Windrichtung entsteht ordentlicher Schwell hier in der Marina und strapaziert die Festmacher ganz ordentlich.

Nach der Idylle in Vila do Porto auf Santa Maria müssen wir uns trotz „Vorwarnung“ erst einmal auf die Stadtmarina hier in Ponta Delgada einstellen. Der erste Blick auf die nicht sehr attraktive Häuserzeile verursacht ein kurzes Stirnrunzeln. Der zweite Blick auf Ponta Delgada am nächsten Tag glättet die Stirn recht schnell. Aber zuerst geht es am nächsten Morgen zur Segelmacherin, die gleich zwei Aufträge von uns bekommt. Das in Höhe des 1. Reffs am Mastrutscher eingerissene Großsegel muß genäht werden und unsere Lazybag bekommt einen neuen Reißverschluß, da der alte komplett zerfetzt war. Auf dem Weg zur Segelmacherin melden wir uns im Marina-Office an. Sehr nette Mitarbeiter, die für den ungewöhnlich langen Fußweg von den Liegeplätzen hierher entschädigen.

Die Marina Ponto Delgada ist sehr lebhaft. Mehrere Bars und Restaurants, mehrere Anbieter werben (erfolgreich) für whalewatching-touren, einige Läden verkaufen T-Shirts und andere Mitbringsel, ein Schiffsausrüster, in einem großen Halbrund können Badelustige im Meerwasser schwimmen, dahinter Anbieter von Tauchtouren, das Marina-Office, die Segelmacherei. In kaum einer anderen Marina unserer Reise haben wir so reges Treiben in den Abendstunden erlebt.

Auf der größten Azoreninsel Sao Miguel leben 138.000 Einwohner/innen, davon 68.000 in der Hauptstadt Ponta Delgada. Die Stadt schafft es offenbar (noch) recht gut, den wachsenden Zustrom an Tourist/innen in das quirlige Leben zu integrieren. Nachdem wir uns am Tag nach unserer Ankunft durch die Stadt treiben lassen, machen wir uns anschließend zur Inselerkundung auf. So abwechslungsreich die Insel ist, so wechselhaft ist auch das Wetter hier. Sonne, Wolken, Regen, Nebel, Wind, Wärme, Kälte…das alles gibt es an einem Tag und manchmal auch an einem Ort. Nette Spielerei ist da die App SpotAzores, die alle Webcams der Inseln erfaßt und mit der man versuchen kann, den Tag auf Sao Miguel zu planen 😉

Mit dem Wagen erkunden wir die Insel in alle Richtungen und sind beeindruckt von der Vielfältigkeit:

Wasserfälle im dschungelähnlichen Wald, die einzige Teeplantage Europas „Chá Gorreana“ und die Ananasplantage Arruda.

Der Kratersee Lagoa do Fogo, der innerhalb von 10 Minuten im Nebel verschwand, und der 850 Meter hohe Krater Sete Cidades mit den Seen Lagoa Azul (blau) und Lagoa Verde (grün) in idyllischer Umgebung. Wir genießen die Wärme in den 38 Grad warmen Thermalbädern im verlassenen Caldeiras, im Parque Terra Nostra in Furnas zudem den 40 Grad warmen Pool mit braunem eisenhaltigem Wasser und eine Parkanlage, die ihresgleichen sucht.

Gebührenden Abstand halten wir von den bis zu 100 Grad heißen Quellen, die an mehreren Orten der Insel aus der Erde kommen. Mittels Erdöfen wird die Hitze dieser Vulkanlöcher auch genutzt, um darin den Fleischeintopf Cozido zu garen. In Caldeiras und Furnas sind fast alle Erdlöcher mit Töpfen gefüllt. Hans läßt sich den zünftigen Cozido das Furnas in Tony’s Restaurant schmecken.

Wir besuchen „Lost Places“, z. B. die Ruine des 5-Sterne-Hotels Monte Palace, das nur ein Jahr nach der Eröffnung Anfang der 1990er Insolvenz anmelden mußte. Wolkenverhangen und im Regen sicher ein mystischer Ort. Auch die Ruinen der ehemaligen Mineral(wunder)wasserabfüllstation bei Lombadas stehen bizarr in der Landschaft.

Viel Programm dagegen im 9.000 qm großen und 2015 eröffneten Zentrum für zeitgenössische Kunst „Arquipélago“ in Ribeira Grande. Eine ehemalige Tabak- und Spirituosenfabrik wurde saniert und mit neuen Baukörpern gekonnt ergänzt.

Sehenswert der Leuchtturm Farol do Arnel (abenteuerlich der anschließend steile Weg in den Hafen), große Felder, auf denen Yams angebaut wird, der Friedhof in Ponta Delgada, die mühsam mit Ornamenten versehenen Gehwege, farbenfrohe Häuser und wunderschön gestaltete Picknickplätze. Blumen blühen um die Wette, an den Wegen beginnen die Hortensien zu blühen und Azaleensträucher färben die Straßenränder rosa und rot.

Großartig, hier einfach durch die Gegend zu schlendern oder kleine Orte zu erlaufen. Und nur auf Sao Miguel gibt es in und zwischen den Ortschaften manchmal noch etwas ganz Besonderes zu entdecken: ein Herzbild des belgischen Künstlers Yves Duvester, der seit langem auf Sao Miguel lebt. Die Bilder findet man auf Häuserwänden, auf Mauern und mit viel Glück sogar auf einem Boot…

Um auch die kleine vorgelagerte Insel ilhéu de Vila Franca do Campo zu sehen, buchen wir bei Sara und Pedro von MarioSUP eine Kanutour. Wir haben viel Glück, daß sich heute kaum Brandung entwickelt, so daß wir mit dem Kanu bis ins Inselinnere können. Pedro begleitet uns während der Tour, erklärt vieles zur Insel und zu guter Letzt besteht sogar die Möglichkeit, innerhalb der Insel zu schnorcheln. Hans hat seine Erkältung so ziemlich auskuriert und genießt den Schnorchelgang im 17 Grad kühlen Wasser. Da die Erkältung auf mich übergesprungen ist, belasse ich es beim Sonnenbad auf dem kleinen Eiland. Ein schöner Abschluß unseres Aufenthaltes auf Sao Miguel.

Morgen geht es wieder weiter Richtung Festland. Nach Möglichkeit wollen wir es bis Brest schaffen…bis zu unserem nächsten Blogeintrag wird es also mindestens 10 Tage dauern. Aber das ist ja nichts Neues bei uns 😉

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