Schulterblick auf Gran Canaria

14 Tage haben wir nicht mehr geschrieben und sind in Echtzeit mittlerweile von Gran Canaria über Teneriffa und Gomera auf El Hierro angekommen. Im Blog hinken wir der Zeit leider etwas hinterher. Dafür heute etwas mehr Text, etwas mehr Bilder. Wir arbeiten dran 🙂

Karl hat sich mit seinem recht schaukeligen Platz in Las Palmas schneller arrangiert als wir. Im Takt mit den anderen großen und kleinen Booten schaukelt er sich ein. Es ruckt und zerrt an den Leinen in der kleinen Vela Latina ob mit oder ohne Ruckdämpfer. Dennoch wollen wir nicht in die große Marina wechseln, zumal wir tagsüber ohnehin häufig auf Entdeckungstour sind. Besonders interessant sind dabei immer die geschichtsträchtigen Ausgrabungsorte, die vom Leben der Ureinwohner der Kanaren (Guanchen) erzählen. Die Kult- und Versammlungsstätte Cueva Cuatro Puertas, Höhle der vier Tore, auf dem Montana Bermeja in der Nähe von Telde ist zunächst gar nicht so einfach zu finden. Über einen etwas rutschigen Anstieg gelangt man zu den an einem Steilhang auf ca. 300 Meter Höhe gelegenen vier großen, nebeneinander liegenden Höhleneingängen. Das auf der anderen Bergseite verschachtelte Höhlensystem wurde vermutlich als Wohnanlage genutzt. Beeindruckend auch unser ebenfalls gratis genossener Blick über die Ostküste Gran Canarias. Von hier aus ist es nur ein Katzensprung bis nach Telde, der zweitgrößten und einstigen Hauptstadt Grand Canarias. Deren ältester Stadtteil San Juan ist durch eine lange Fußgängerbrücke mit dem Stadtteil San Francisco verbunden, die von Orangenhainen gesäumt wird. Die süßen Früchte sind wegen der abschirmenden Zaunelemente leider für uns unerreichbar 😉

Viele Meeresschwimmbäder ermöglichen an der Küste auf den kanarischen Inseln das Schwimmen trotz vorhandener Brandung. Meist sehr abgeschieden, ausgestattet mit Leitern, die den bequemen Zugang ins Wasser ermöglichen und trotzdem jederzeit die Aufmerksamkeit erfordern, da bei sehr starker Brandung auch hier das Schwimmen nicht möglich ist. Das Roque Prieto im Norden ist umgeben von Bananenplantagen und gilt als eines der schönsten Naturschwimmbäder Gran Canarias. Lassen wir mal so stehen. Als wir hier sind, ist es kühl, die Becken werden stark überspült, an Schwimmen ist heute hier ohnehin nicht zu denken. Die unmittelbare Gegend lädt allerdings auch nicht zum Verweilen ein.

Vorbei an einem abgelegenen Friedhof geht es dann die Küste im Nordwesten entlang. Die Fahrt durch die Bananenplantagen erinnert wie fast immer an ein Labyrinth. Man sieht nichts außer Mauern und Planen und möchte hier nachts nicht ohne Navigationsprogramm zu Fuß unterwegs sein. Allenfalls die Aussicht auf ausreichende Versorgung mit den leckeren kanarischen Bananen mildert diese Vorstellung. Dann erreichen wir das bunte Fischerdorf Caleta de Arriba und fühlen uns in einer anderen Welt. Mehr Katzen als Menschen treffen wir hier an…sie hocken auf Fensterbänken, räkeln sich auf Bänken, schlummern in Hauseingängen. Etliche Wohnungen und Häuser sind verlassen, stehen zum Verkauf und bilden doch in ihrer Buntheit ein faszinierendes Bild. Der Ort scheint vom Verfall bedroht und doch: an mehreren Häusern wird gewerkelt, zwischen zwei Häusern wird gerade ein kleiner Kinderspielplatz gebaut, wir erkennen immer wieder recht neue Anstriche an den Fassaden. Der Schein trügt also offenbar. Vermutlich werden die Fassaden durch den hohen Salzgehalt der Luft stark angegriffen, der Ort steht schließlich auf einem Felsvorsprung und der wiederum ist ganzjährig einer starken Brandung ausgesetzt. Der weltbekannte Surfspot „El Fronton“ liegt direkt vor der Tür, die Welle hier gilt unter Profis angeblich als die fünftbeste der Welt.

Wir kommen am Circuito de Motocross in Galdar vorbei, auf der anderen Seite undefinierbares Anbaugebiet, Hunde kläffen uns an, wir fahren weiter Richtung Neubaugebiet und dann erreichen wir den nordwestlichsten Punkt „Punta Sardina“ mit dem klassisch weiß-rot-gestreiften Leuchtturm. Allein die starke Brandung in dieser rauen Natur hier erklärt, warum der Leuchtturm noch aktiv ist und den Booten ein wenig Sicherheit bietet. Einmal mehr stehen wir wie paralysiert in sicherer Entfernung und beobachten, wie sich die Wellen aufbauen und mehrere Meter hoch am Lavagestein lautstark brechen. Im etwas südlicher gelegenen Fischerort Sardina del Norte lassen wir uns den fangfrischen Tintenfisch mit Papas arrugadas (kleine Salz-Schrumpelkartoffeln) schmecken. In Sardina hat der Tourismus noch nicht Einzug gehalten, es ist einer der wenigen Orte, die ihre Ursprünglichkeit behalten haben. Aufgrund des Fischreichtums hat sich der Ort aber zu einem beliebten Tauchspot entwickelt. Gestärkt wandern wir am langen Strand entlang und lassen uns die Sonne auf den entspannten Pelz brennen.

Mit Martina und Christian von der SY Tiger Blue besuche ich den Sonntagsmarkt in der komplett unter Denkmalschutz stehenden Altstadt von Teror, während Hans seinen Rücken schont. Der Freitagsmarkt in Puerto de Mogan mit viel Tand und Nepp hatte uns gar nicht gefallen. Hier in der 12.000-Einwohner-Stadt Teror werden Produkte besonders aus der Region um Teror angeboten, Zuckerrohrsaft wird frisch gepreßt, es darf probiert werden, die Basilika hat während der Andacht die Türen weit geöffnet (man muß ja nicht reingehen), Musikanten spielen auf dem Plaza del Pino vor der Basilika… Die Kulisse bilden z. T. aus dem 16. Jahrhundert stammende alte Häuser, viele mit kanarischen Holzbalkonen. Die Balkone galten früher als Statussymbol; je prunkvoller, desto wohlhabender die Besitzer/innen. Ein schöner Markt in einer schönen Stadt.

Der Tag ist noch jung, wir fahren Richtung Norden nach Firgas. Firgas ist bekannt für die in seiner Nähe entspringenden Wasserquellen im Barranco de La Montana. Sämtliche Inseln der Kanaren werden von hier aus mit dem Mineralwasser „Firgas“ beliefert. In der Ortsmitte spielt folglich das Thema Wasser eine große Rolle. In der Fußgängerzone wurde das natürliche Gefälle genutzt, um einen 30 Meter langen Wasserfall anzulegen. Oberhalb werden großflächig die 7 kanarischen Inseln auf Kacheln, neben dem Wasserfall die 21 Gemeinden mittels Keramikbänken dargestellt. Diese gesamte Promenade „Paseo de Gran Canaria“ wurde von mehreren spanischen Künstlern 1995 entworfen. Eine schöne Idee, finden wir. Natürlich möchten wir jetzt auch zu den Quellen von Firgas. Nach beeindruckender ca. 5 km langer Fahrt geht es in der Schlucht „Barranco de Azuaje“ nur noch zu Fuß weiter. Gleich zu Beginn fasziniert uns die Ruine des 1886 erbauten SPA-Hotels Balneario. Während des spanischen Bürgerkriegs wurde es 1938 geschlossen, in den 1950er Jahren dann von den Einheimischen für Feierlichkeiten genutzt. Eine große Flutwelle hat das Gebäude stark beschädigt, so dass eine Nutzung nicht mehr möglich ist. Dennoch hört man in der Phantasie deutlich das rege Treiben in den Gemäuern… Wir kraxeln weiter, Christian macht uns den Weg frei, wir stapfen durch und über Wasserläufe, kommen an einer Gruppe gutgelaunter Jugendlicher vorbei, die offensichtlich auch diese wilde Oase schätzen. Da wir noch etliche Kilometer vor uns haben, müssen wir schweren Herzens irgendwann umkehren, ohne die Quellen erreicht zu haben. Der Abstecher hat sich dennoch gelohnt und ein rundum schöner Tag war’s.

Für eine Woche sind Freundin Susanne und Freund Jürgen auf Gran Canaria und natürlich verbringen wir viele Stunden gemeinsam. Wir frühstücken gemeinsam auf Karl, besuchen die Sailor’s Bay oder starten zur gemeinsamen Inselerkundung. Mit dem beschaulichen Puerto de Las Nieves direkt am Atlantik haben die Beiden sich einen wirklich schönen Urlaubsort ausgesucht. Mit den für Gran Canaria eher untypisch vielen weiß-blauen Häusern wirkt der Ort fast griechisch. Auf dem Weg nach Agaete besuchen wir zunächst den Archäologiepark Mapés de Agaete, eine weitläufige Begräbnisstätte mit fast 700 Grabhügeln der Ureinwohner Gran Canarias. Ein Besucherzentrum, aufwändig angelegte Rundwege und Infotafeln beschreiben Kult, Rituale und Bedeutung der verschiedenen Hügelanordnungen. Ein wirklich beeindruckender Ort.

In Agaete selbst fallen besonders die vielen an den Hauswänden oder aus den Fenstern hängenden Transparente „No Macro Muelle“ auf. Die Einwohner/innen protestieren damit gegen die geplante und bereits beschlossene Erweiterung des Hafens von Agaete, mit der insbesondere weitere Fähranleger geschaffen werden sollen. Eine Anpassung der Hafenumgebung an diese Erweiterung ist ebenfalls vorgesehen. Die Befürchtung der Bewohner/innen, dass sich die gesamte Region um Agaete verändern wird (mehr Verkehr, mehr Tourismus…), ist nachvollziehbar und wir hoffen, dass die Gegner/innen dieses Projektes doch noch Erfolg haben werden.

In Artenara, dem höchst gelegenen Ort auf Gran Canaria, besuchen wir das Museo Casas Cuevas/Museum der Höhlenwohnungen (freier Eintritt), das original eingerichtete Wohnräume einer Höhlenwohnung zeigt und von dem Susanne und Jürgen schon einen Fernsehbericht gesehen hatten. Es fällt nicht schwer, sich gemütliche Abende hier vorzustellen. Dieses Museum ist ein ganz besonderes Kleinod, so daß wir gerne einen Obolus für die Unterhaltung des Museums geben.
Weiter geht es hoch nach Tejeda auf 1050 m Höhe, weil wir uns mit Kalorienbomben in der Dulceria Nublo versorgen wollen. Überwiegend aus bzw. mit Mandeln wird hier die Grundlage für wahres Hüftgold gebacken. Zwar gibt es einen Teil dieser Leckereien abgepackt schon fast in jedem Supermarkt zu kaufen, aber wir wollen auch Frisches und einfach mal den Produktionsort gesehen haben. Tatsächlich kaufen wir hier die legendäre Bienmesabe (ein dicker Mandelmus), große Merengues, Mandelteilchen…und schmelzen beim Essen fast selbst dahin. Nach einem Tag mit vielen Eindrücken trennen sich unsere Wege für diesen Abend. Susanne und Jürgen machen sich auf den Weg Richtung Nordwesten nach Puerto de las Nieves, wir starten gen Nordosten nach Las Palmas.

Natürlich will auch Karl einen Tag mit Susanne und Jürgen verbringen…also die Marineros informiert, damit unser Liegeplatz nicht während unserer Abwesenheit neu vergeben wird und Leinen los. Nach 12 Seemeilen fällt in der Bucht am Playa Ojo de Garza der Anker. Susanne kann beim Schaukeln des Bootes im Schwell den Ausflug nicht so genießen, wie sie es gerne möchte. Uns tut es leid, aber Seebeine wachsen offensichtlich nicht innerhalb weniger Stunden. Nach dem Anker auf steuert Jürgen unseren Karl sicher zurück in den Hafen und sobald Susanne festen Boden unter den Füßen hat, geht es auch ihr wieder gut.
Am nächsten Tag noch ein ausgiebiges Abendessen zusammen zwischen lebhaft parlierenden Spanier/innen (so muß es sein) in Puerto de las Nieves und dann ist der Urlaub der Beiden auch schon wieder zu Ende. Wir haben die gemeinsame Zeit sehr genossen.

Und plötzlich ist Weihnachten. Romantische Weihnachtsstimmung kommt bei über 20 Grad Außentemperatur allerdings nicht auf. In Spanien wird das Weihnachtsfest ohnehin nicht so ausgiebig zelebriert. Der 24. und 26. Dezember sind „normale“ Arbeitstage, an denen die Geschäfte allenfalls ein wenig früher schließen. Nur der 25.12. ist offizieller Feiertag. Geschenke gibt es erst am 6. Januar entsprechend der biblischen Geschichte, nach der die heiligen drei Könige auch erst am 6. Januar die Geschenke brachten. In der Vorweihnachtszeit blinkt und leuchtet es zwar allerorten, Weihnachtsmusik ist überall zu hören und wenn nicht genügend Palmen für Lichterketten zur Verfügung stehen, werden auch künstliche Tannenbäume aufgestellt. Von Weihnachtsstreß ist hier allerdings nichts zu spüren…eine wohltuende Erfahrung.

Auch wir haben es schön gemütlich und entspannt. Am 24.12. verbringen wir auf der Tiger Blue mit Martina, Christian und Sarah einen tollen Abend bei köstlichem Essen und kommen am nächsten Abend noch in den Genuß eines gemeinsamen opulenten Resteessens.

Ein willkommener Tagesausklang nach einem langen Weihnachtsspaziergang mit Umrundung des Vulkankraters Caldera Bandama. An Weinbergen vorbei fahren wir zunächst auf den Gipfel des Vulkankraters in 569 m Höhe und haben von hier Aussicht über die komplette Nord- und Ostküste. Weil Hans heute einen guten Rückentag hat, schaffen wir es, die Caldera (1 km Durchmesser, 200 m Tiefe) einmal mit allen Auf- und Abstiegen zu umrunden. Und dann reicht die Energie sogar noch für einen Abstecher zur Kathedrale von Aruca. Der Bau der aus dunklem Lavagestein bestehenden Kirche mit dem 60 Meter hohen Glockenturm wurde 1909 begonnen, die Fertigstellung erfolgte erst Ende der 1970er Jahre. Dass die Kirche sich wuchtig vor den ansonsten hellen und flachen Häusern aufbaut, macht auf jeden Fall besonderen Eindruck und ist schon von Weitem unübersehbar. Hinter der Kirche war es dann aber doch wesentlich schöner.

Zwischenzeitlich haben wir uns einen kleinen Heizlüfter gekauft, weil es an manchen Tagen Abends doch kühl wird und wir vor der Abfahrt unsere Heizung ausgebaut haben. Der neue Silentwind-Regler (ist es der 3. oder 4.?) ist auf Las Palmas entgegen der Zusage des Zustelldienstes FedEx bis zu unserer Weiterfahrt nach Teneriffa nicht angekommen. Jetzt soll er bis zur Abholung in einigen Wochen bei FecEx auf Gran Canaria gelagert werden.

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