Ein ganz normaler Segeltag

Zur Silvesterparty haben wir uns mit drei Booten zunächst für El Hierro, dann aber für Teneriffa verabredet.

Köbi und Pia von der Lupina sind schon vor Weihnachten vorgesegelt, weil sie in San Miguel auf Teneriffa ein neues Vorsegel bestellt haben, das noch vor Weihnachten geliefert werden sollte. Dem ist aber nicht so und so warten sie sowohl auf das Segel als auch auf uns. Wir starten am 29.12., die Tiger Blue folgt einen Tag später, nachdem sie ihre Tochter Sarah ordnungsgemäss am Flughafen abgeliefert haben.

Zu unmenschlicher Zeit, heisst um 6.00 Uhr, verlassen wir den Hafen von Las Palmas. Stockdunkle Nacht und draussen warten gleich zwei Kreuzfahrer, die in den Hafen wollen. Karl beeilt sich, um um die Hafenmauer zu kommen, weil mit „denen“, den Kreuzfahren, wollen wir uns ungern anlegen. Diesmal soll es nördlich um Gran Canaria herumgehen und bei angesagten 20 Knoten aus Nordost sollten die 75 Meilen machbar sein. Die ersten Meilen bis zur Nordost-Spitze der Insel bekommen wir den Wind genau auf die Nase, heisst von vorn. Kaum um die Mole herum erwartet uns der Wind, aber auch eine ziemlich aufgewühlte See. Von allen Seiten kommen die Wellen und die auch an Höhe nicht zu knapp. Die Nordost-Dünung, circa 2 Meter hoch, wird durch die ellenlange Hafenmauer reflektiert und so entsteht die sehr ungemütliche Kreuzsee. Nach drei Meilen können wir aber die Genua ausrollen, da der Wind auf Ost gedreht hat und wir am Wind Richtung Nord unter Segeln vorwärts kommen. Auch die Wellen ordnen sich und es wird Zeit, zu frühstücken. Die Capitana macht leckere Brote, der Kaffee kommt aus der Thermoskanne,  ganz langsam wird es hell. Wir sind guter Hoffnung, dass wir bei dem Ostwind auch nach dem Nordost-Kap prima vorankommen, da Karl jetzt gut Fahrt macht und mit 6 Knoten durchs Wasser zieht. Aber wir haben die Rechnung mal wieder ohne die kanarischen Windbesonderheiten gemacht. Das Kap ist erreicht, der Kurs von Nord auf West geändert und plötzlich ist von jetzt auf gleich der Wind komplett eingeschlafen. Die Genua schlägt , Karl stampft orientierungslos in der Welle, der Diesel muss nochmal ran. Wir sind ein wenig genervt, aber immerhin geht im Osten die Sonne auf und wir können Las Palmas jetzt von der Westseite her sehen. Nach einer halben Stunde motoren ist der Wind so schnell wie er weg war auch wieder da. Diesmal aus Nordost und auch mit den angesagten 20-25 Knoten, in Böen auch mal ein bißchen mehr (zwischen 5 und 6 Bft). So prescht Karl mit 6,5-7 Knoten nur unter Genua an der Nordküste Gran Canarias vorbei. All das, was wir von Land aus entdeckt haben, erkennen wir jetzt von der Seeseite. Die Dünung mit ungefähr zwei Meter Höhe rollt unter uns durch und wir geniessen es. Mal wieder Segeln vom Feinsten. Blauer Himmel, die Wellen mit ihren weissen Schaumkronen, das blaue Wasser, die Berge Gran Canarias im Süden und der Teide von Teneriffa im Westen. Per WhatsApp berichtet uns Köbi, daß er uns einen Platz im Hafen reserviert hat.

Die Sache mit den Liegeplätzen hier in den kanarischen Häfen ist nicht ganz so einfach. Es ist Hochsaison und die Häfen sind fast alle ausgelastet. Also ist es Glücksache, ein Plätzchen zu erwischen. Meistens ist vorheriges Reservieren zwecklos. Mails werden in der Regel ignoriert, Telefonate nicht angenommen. Erst wenn wir kurz vor dem Hafen per Funk anfragen, wird meist geantwortet und die Chance auf einen Platz ist dann fifty-fifty. Unter uns Seglern/innen wird immer wieder diskutiert, welches die beste Taktik ist. Meldet man sich per Funk, kann es grade in den Abendstunden sein, dass man eine Absage bekommt…und dann? Trotzdem in den Hafen fahren? Auf Gomera wurde glatt einem Skipper, der trotz Absage in den Hafen wollte, mit der Polizei gedroht. Er hatte aber auch per Funk gesagt, dass er einfach keine Lust mehr hätte. Ehrlichkeit wird nicht immer belohnt. Erfolg versprechender mag es sein, zu sagen, dass der Motor stottert oder es der Crew nicht gut geht. Oder meldet man sich gar nicht und versucht es auf gut Glück? Funktioniert machmal, aber die Marineros können ziemlich stinkig reagieren. Im Unterschied zu den nördlichen Breiten fühlt der Marinero sich verpflichtet, dem Boot vom Steg aus mit Winken zu zeigen, wo es im Hafen lang geht. Dann eilt er zu dem freien Liegeplatz und hilft beim Anlegen. Das ist sein Job und ignorieren sollte man ihn nicht. Hier geht es um die (Berufs)Ehre! Kommt man aber unangemeldet in den Hafen und es ist ein Platz frei, wird es für ihn knapp, alles in kurzer Zeit hinzubekommen und das bedeutet Stress für ihn. Also doch vorher anmelden und hoffen, das noch ein Platz ist? Das hört sich alles ein bischen chaotisch an und ist es auch. Südländischer Flair halt. Wenn man aber einen Platz bekommt, sind wir und das Personal glücklich. Gundsätzlich sind sowohl die Hafenmeister/innen als auch die Marineros immer super nett, hilfsbereit, freundlich und sehr zuvorkommend.

In San Miguel hat sich also Köbi um einen Liegeplatz für uns gekümmert. Daß das auch nicht so leicht ist, musste er im Laufe des Tages dann mehrmals feststellen. Morgens hat er mit dem Chef gesprochen und einen Liegeplatz für uns ausgeguckt, der frei war. Vor dem Hafen sollten wir uns per Funk melden und alles wäre dann ok. Am frühen Nachmittag war der Chef mittlerweile im Wochenende und der Marinero wusste von nichts. Same procedure as before. Alles besprochen, alles ok. Unsere zu erwartende Ankunftszeit war gegen sieben am Abend. Im Laufe des Nachmittags (Freitag) füllte sich der Hafen immer mehr (der Hafen ist Charterstützpunkt, am Samstag ist Übergabe). Gegen 18.oo h machte auch der Marinero Feierabend und wieder the same procedure: die Nachtschicht wusste von nix, war aber jetzt auch nicht mehr so leicht zu überzeugen. Mittlerweile waren wir schon in Sichtweite des Hafens und Köbi teilte uns per Telefon mit, dass das nächste Schiff, welches den Hafen erreicht, wohl den Platz bekommt. Ok, hörte sich gut an. Nachteil: der Wind liess nach und vor uns waren noch zwei Boote. Also Motor an und alles, was unser alter Volvo vermochte, musste er jetzt in Geschwindigkeit umsetzen. Kurz vor der Hafeneinfahrt hatten wir auch das zweite Schiff überholt und schossen wortwörtlich in den Hafen, wo uns unser persönlicher Hafenmeister Köbi und natürlich Hafenmeesters Fru Pia in Empfang nahmen. Danke nochmals für Euren unerbittlichen Einsatz. Der Abend nahm ein wunderschönes Ende mit den Beiden bei Cerveza und Barraquito in der ebenso wunderschönen Hafenbar…

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